Hans-Jürgen Mottschall

Modellbau

      NAVIGA Wereldkampionschap Scheepsmodelsport Rotterdam (NL)                3-11_08_1985

 Nicht jeder Leser wird jetzt gleich wissen, was diese Überschrift bedeutet. Der Kenner der Materie weiß jedoch, sie handelt von der 4. Weltmeisterschaft für Schiffsmodelle in Rotterdam. Für uns, den bundesdeutschen Teilnehmern, war Rotterdam vom Anfahrtsweg im Gegensatz zur 3. WM 1983 in Stara Zagora (Bulgarien) ein Katzensprung. Betrug doch meine Anfahrtsstrecke gerade 530 Km. Nach geringen Passformalitäten an der niederländischen Grenze,  trafen wir schon am Freitag den 2.08. mit noch einigen ganz eiligen Teilnehmern am Austragungsort im Zuiderpark von Rotterdam zusammen.

Nach dem üblichen Hallo, nahmen wir auch gleich eine Besichtigung der Wettkampfanlagen vor und stellten jetzt schon fest, was für eine immense Arbeit vom niederländischen Veranstalter, speziell der Rotterdamer Modellbaufreunde, geleistet wurde. Ca. 400 000 Gulden hätte die Veranstaltung gekostet wenn nicht zeitweilig bis zu 150 Helfer mitgewirkt hätten. Durch diese Eigenhilfe wurden insgesamt über 300 000 Gulden eingespart ! Der Rest der Summe wurde als Ausfallbürgschaft von der Stadt Rotterdam übernommen. Allerdings mit der Auflage, keine Eintrittsgebühr zu erheben. Selbstverständlich halfen auch so renommierte Firmen wie; NEDLLOYD, Schlepperreederei SMIT und noch einige Hafenfirmen kräftig mit. Insgesamt 5 Startstellen an 3 Seen wurden erstellt. Ein großes Zelt zur Ausstellung der Modelle, Container für die stillen Arbeitskräfte im Hintergrund einer jeden Veranstaltung sowie Container zur Aufbewahrung der Modelle oder sonstigem Gerät standen bereit.

Sonnabend den 3.08. trafen nun nach und nach die übrigen Teilnehmer ein. Die Registrierung der Modelle ging sehr zügig vor sich. Senderkontrolle und die Vermessung der Modelle klappten hier optimal. Bei der Vermessung der Modelle kamen hier wie üblich, ganz andere Maße, als die, die im Bielbrief schon x-mal geändert wurden, auf. Auf keiner WM habe ich bisher erlebt, dass die Maße nicht doch geändert werden mussten. Zum Glück bewegten sich meine Maße immer innerhalb der zulässigen Toleranzen. Vielleicht sollte man aber immer nur die 3 Erstplatzierten der Wettbewerbe vermessen. Im Sport wird ja auch nicht jeder Sportler zur Dopingkontrolle geführt. Die Frage muss auch hier erlaubt sein, warum gibt es überhaupt einen Meßbrief für ein Modell wenn die eingetragenen Daten angezweifelt werden.

Am Nachmittag wurde die IV. WM mit den verschiedenen Reden des stellv. Bürgermeisters der Stadt Rotterdam Herrn F. und des Präsidenten der NAVIGA Herrn M. F. eröffnet. Zuvor jedoch wurden die Eide der Schiedsrichter und der Sportler abgelegt.

Die Bauprüfungen der Kl. - F 2c / F 2b J/S begann am Montag. Nach Bendigung der Bauprüfung erfolgte jeweils sofort die offene Wertung. Unser E. F. übernahm sofort mit 93,33 Baupkt. in der Kl. - F 2c - vor dem Bulgaren M. mit 93 Pkt. die Führung. Jeder, der den Erwin kennt, weiß, wie sicher er fährt. Für uns also klar, eine sichere Medaille. Erwin gewann auch prompt den WM-Titel. Die übrigen Platzierungen sieht man in den beigefügten Listen. Leider fehlten hier in dieser Kl. die 2 angekündigten Chinesen. Zum Glück, waren doch durch die Wasserverhältnisse auch so schon einige Schwierigkeiten vorhanden. Diese Schwierigkeiten zeigten sich ja auch prompt im ersten Lauf beim Erwin. Ganze 93 Fahrpkt. bedeuteten zwar noch die Spitze, jedoch für ihn eine Fiasko. Sämtliche Dockmanöver gingen durch den starken Wind daneben. Nicht ein einziger der Teilnehmer erreichte im ersten Lauf die begehrten 100 Fahrpkt.

Im 2. Lauf der Kl. Am 8.08. wurden jetzt endlich von E. F. und W. S. 100 und von G. R. 98 Fahrpkt. erreicht. Jetzt hatten wir in dieser Kl. den ersten und zweiten Platz, sowie von G. R. auch noch einen 5. Platz erringen können. Leider blieben von den gemeldeten 14 Modellen dieser Kl. am Ende nur 11 Schiffe übrig.

 



                                                   Kl. - F 2 b - "BIN HAI  511" 1:50 v. Yu Ming Wei (TJ)

Am Montagnachmittag erfolgte in der Kl. - F 2b - meine Bauwertung. Da ich ja schon in den Tagen zuvor die chinesischen Modelle zu Gesicht bekam, war ich am Ende auch nicht bei der offenen Wertung von meinen Baupkt. 93,33 für meine S.A. VAN DER STEL enttäuscht. Die Chinesen lagen mit 96 und 95,33 Baupkt. vor mir. Bekanntlich wird jedoch am Ende eines Wettbewerbs erst abgerechnet. Die übrigen Wertungen s. Liste. Am gleichen Tage stellte ja auch noch die Junioren ihre Modelle der Kl. - F 2b - vor. In dieser Kl. übernahm der bulgarische Teilnehmer Gantscho G. mit einem Vermessungsschiff und 88,33 Baupkt. die Führung. Selbstverständlich für unsere Jugend noch kein Grund, sich aufzugeben. Leider ist in dieser Kl. nur allzu deutlich die Handschrift der Väter zu erkennen! Hier wird mit dem Jugendlichen, der sein Modell wirklich selber baut, erheblich Schindluder betrieben. Der 1. Lauf in dieser Kl. brachte auch hier keine Entscheidung, fuhren doch nur die in der Bauprüfung hoffnungslos Abgeschlagenen einigermaßen Punkte zusammen. Warum die Bauprüfer speziell mit den Baukastenmodellen der Jugendlichen so erbarmungslos umgingen, entzieht sich meiner  Kenntnis.

Der 2. Lauf am 9.08. brachte die Entscheidung. Alexander K. fuhr mit seinem Modell „HERCULES“ volle 100 Pkt. und war Dank dieser Fahrleistung Weltmeister der Junioren - F 2b -, gefolgt von 2 Bulgaren. Sven G. und Peer H. belegten die Plätze 4 und 5.

Dienstag den 6.08., mussten die Jun. - F 2a - ihre Boote der Jury vorführen. In dieser Kl. lässt Martin O. aus Wendlingen für die Zukunft einiges erwarten. Sein gut gebauter Schlepper „PLANET“ im Maßstab 1:100, erzielte die höchste Bauwertung mit 91,67 Baupkt. Der Bulgare Kamen G. folgte mit geringem Abstand. Der 1. Lauf dieser Kl. brachte jetzt auch sofort eine Vorentscheidung. K. G. fuhr auf Anhieb 100 Pkt. und ließ sich auch nicht mehr vom ersten Platz verdrängen. Immerhin konnten M O., S. G. und D. K. in dieser Kl. die Plätze 2-4  belegen, eine recht stolze Leistung unserer Jugendlichen.


Nach meinem 2. Lauf,  mit mehr als 6 Pkt. vor dem nächsten Teilnehmer war ich dann endlich Weltmeiser in der Kl. - F 2 b 

o. l. Kl. - F 2 b - "HU JIU LAO No 3" 1:75 v. Chang Zhang (TJ) nach dem Stechen auf den 4. Platz abgerutscht

Am gleichen Tag begann auch endlich der Fahrwettbewerb in der Kl. - F 2b -. Nicht ein Teilnehmer der sonst so sicheren Fahrer, konnte an diesem Tage einen  100er Lauf erzielen. Selbst die Chinesen, sonst mit die sichersten Fahrer, hatten total versiebt. Yu Ming Wei fuhr 92 und Chang Zhang gar nur 88 Pkt. Wei wurde obendrein noch am oberen Tor 6 Pkt. aberkannt, da er entgegen der Regel offensichtlich sogar vor dem Tor Rückwärts fuhr. Sagt doch die Regel, es muss vor jedem Tor eine sichtbare Vorausfahrt erkennbar sein. Hier wurden das 1. x  die seit Jahren bekannten Regeln - leider nie angewendet - angewendet. Gerade auf den  letzten WM`s in Magdeburg und Stara Zagora, hatten einige gegen die Regel verstoßen. Mir selbst glückten auch nur 94 Fahrpkt. Diese wenigen Pkt. langten jedoch dank der hohen Bauwertung, für den 1. Platz. Von der Gesamtwertung her hatte ich jetzt schon einen sicheren Medaillenplatz.

Der 2. Lauf am 8.08. brachte dann endlich für uns in dieser Kl. die Entscheidung. Bei mir stellte ich im Vorwege doch eine gewisse Nervosität fest, war mir doch klar, dass die Chinesen unter Druck - und das wahren sie jetzt - häufig nicht mehr allzu sicher fahren. C. Zhang fing mit dem 2. Durchgang an, verfehlte am oberen Tor und stieß beim Dockmanöver an (- 11 Pkt.). Der 2. Platz war mir jetzt schon sicher, mehr als ich in dieser Kl. jemals erreicht hatte ! Unser Neuling in dieser Kl. E. T., fuhr als Nächster 100 Pkt. und stand jetzt schon im Stechen um den 3. Platz gegen den Chinesen C. Zhang. Nach einigen anderen Fahrern durfte ich jetzt endlich zu meinem alles entscheidenen 2. Lauf antreten. Ich fuhr 100 Pkt. und wie mir mein Starthelfer Dirk H. später sagte; auch am oberen Tor fast perfekt in der Mitte durch. Nach mir kam der noch amtierende Weltmeister Yu Ming Wei auf den Kurs. Er zeigte auf einmal eine sehr große Nervosität, fuhr am oberen Tor prompt einmal vorbei und tickte noch einmal von innen an. Auch in diesem 2. Lauf für ihn nur 92 Fahrpkt. das hieß, Weltmeistertitel 1985 für mich mit der „S.A. VAN DER STEL“ in der Kl.- F 2b - Nicht nur ich war im ersten Moment sprachlos, doch dann  großer Jubel und ehrliche Freude bei meinem Anhang. Auch die sog. Verlierer Wei und Zhang, freuten sich zu meinem Titelgewinn. Der Krimi in dieser Kl. war noch nicht zu Ende. Zwar verpasste J. Mierau durch einen unglücklichen 2. Lauf die Chance auf das Treppchen zu kommen, aber wir hatten ja noch E. T.. Der ließ sich diese Chance im Stechen um den 3. Platz nicht entgegen, legte 98 Pkt. vor und  da der Chinese C. Zhang nur 94 Pkt. erreichte, hatten wir jetzt sogar noch einen 3. Medaillenplatz in dieser Kl. Vielleicht hatte aber auch die Standpauke unseres Mannschaftsleiters Heinz-Hermann K. bei uns den nötigen Ehrgeiz geweckt, denn wer lässt sich schon gerne sagen; ihr seit wie die blutigen Anfänger und besengte S... gefahren! Ich fand eine richtige Predigt zur rechten Zeit war auch angebracht! Die Siegerehrung war für mich jetzt, wo ich ganz oben auf dem Treppchen stand, ein ganz anderes Gefühl. Hatte ich doch 3 Anläufe ( 2x den 3. Platz) benötigt, um endlich auf den von mir zum Ziel gesetzten 1. Platz zu kommen. Während der Siegerehrung und dem Abspielen der deutschen Nationalhymne, gingen mir doch diese Stationen noch einmal durch den Kopf.

Da ich am 6.08. zur Bauwertung meiner „STAHLECK“ in der Kl. - F 2a - nicht anwesend sein konnte ( ich fuhr gerade in der Kl. - F 2b -), vertrat mich mein Clubkollege R. H.. Wie ich im Nachhinein hörte, recht erfolgreich. Auch in dieser Kl. war die große Frage, wie groß wird der Abstand zum Chinesen Haiqing Liu. Er trat in dieser Kl. mit einem phantastischen chin. Fischheckfänger 1:75 an. Auf dieser WM stellten die Chinesen perfekt gebaute und lackierte Modelle vor. Von Seiten der Chinesen wird jetzt allerdings auch ganz offen zugegeben, dass ihre Modelle Mannschaftsmodelle sind  und in sog. Modellbauschulen (Universitäten) gebaut werden ! Wie erwartet, bekam das Fischfangschiff auch 97 Baupkt. Meine „STAHLECK“ folgte auf dem 2. Platz mit 94,67 Baupkt. Meine beiden Mitstreiten aus Köln, K. P. mit der „BUGSIER 4“ und die „HALNY“ vom T. O. folgten mit 92 und 90,33 Baupkt. Da, aus welchen Gründen auch immer, die russischen und DDR-Teilnehmer nicht am Start waren, war die Konkurrenz nicht ganz so stark wie sonst. Sicherlich wäre sonst die eine oder andere Entscheidung am Ende der Läufe anders verlaufen! Die beigefügten Tabellen sagen eigentlich mehr aus.



Noch zufriedene Gesichter v. den anstehenden Läufen




Kl. -F 2a- o./r. DONG FANG HAO 1:75 v. Haiqing Liu (TJ)


Am 8.08. erfolgte auch in dieser Kl. - F 2a - der 1. Lauf. Da H. Liu sofort im 1. Lauf 100 Pkt. erreichte, war der 1. Platz vergeben. K. Pl. fuhr 98 und alle übrigen Favoriten zwischen 94 und 96  Fahrpkt. Auch der 2. Lauf am 10.08. brachte hier keine Gesamtplatzveränderung. Liu und K. Pl. fuhren 100 Pkt., ich leider nur 94 und damit hinter K. Pl. auf dem 3 Platz.  Aus meiner Sicht noch einmal ein großer Erfolg, denn immerhin nahm die „STAHLECK“ von 1979 - 1985 zum 4. x an einer WM teil. Auch die Platzierungen des Modells auf den WM  konnten sich sehen lassen sind doch immerhin die Plätze 1979 - 4., 1981 - 3., 1983 - 2. und jetzt noch einmal der 3. Platz erreicht worden.

Unsere hervorragenden CHN. Mitstreiter

 

Auch an dieser Stelle noch einmal ein gutes Wort für die Bauprüfer. Hatten sich bei einigen WM`s vor Rotterdam die Bauprüfer nicht die magischen 95 Baupkt. getraut, sah man hier einen ganz offensichtlichen Wandel ! Das die Arbeit der armen Herren bestimmt nicht leicht war, konnte man an der großen Sorgfalt und ihrer großen Mühe während der Bauprüfungen erkennen. Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere Bauprüfer sogar nachts von den Modellen noch träumte. Ein ganz großes Dankeschön möchte ich allerdings dem Startstellenleiter Hans G. aussprechen ! Er zeigte eine konstante Leistung, traf seine Entscheidungen sehr sachlich und konsequent obwohl sein Amt nicht immer leicht war. Der  Mannschaftsleiter H-H. K. war mal wieder eine glückliche Entscheidung des „nauticus“. Ich denke, er hat seine Arbeit gründlich gemacht, sollte jedoch gewisse Emotionen  gegen Personen unterlassen. Die dort anwesende Frau K. hatte während des Wettbewerbs in Rotterdam bestimmt nicht allzu viel vom gesetzlich verordnetem Glück. Das herzliche Dankeschön an alle stillen Helfer im Hintergrund einer jeden Veranstaltung, sollte genau so wenig vergessen werden wie an der Spitze G. Govert M., der diese emense Arbeit zu koordinieren hatte.

Für mich bleibt nur noch festzustellen, es war eine gelungene WM, es hat mich doch den einen oder anderen Bekannten oder gar Freund im Modellbau etwas näher gebracht. Das ist, finde ich, eigentlich wertvoller als so manche Medaille! Leider hatte sich, wie üblich nach einer WM, noch kein neuer Ausrichter für die  nächste WM - 1987 - gefunden.

 H-Jürgen Mottschall